Die Digitalisierung ist weiter auf dem Vormarsch und bietet der Industrie viele Chancen. Dennoch zeigen sich viele Unternehmen weiterhin skeptisch, wenn es um den Nutzen der Industrie 4.0 für ihre Betriebe geht. Insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen haben Bedenken wegen finanzieller Lasten und Kosten-Nutzen Überlegungen. Zwar investieren viele in Teillösungen aus dem Bereich Industrie 4.0, doch oft fehlt es an einem Gesamtkonzept. Dabei ist eine konsequente Umsetzung der Industrie 4.0 mit großen Vorteilen verbunden, die sich allerdings erst langfristig in der gestiegenen Wettbewerbsfähigkeit und Innovation zeigen.
Industrie 4.0 einfach erklärt
Industrie 4.0 ist ein breiter Begriff für die sogenannte vierte Revolution der Produktion. Das 4.0 ordnet dabei die Phase zeitlich ein, als erste industriellen Revolution wird die Mechanisierung der Produktionsprozesse mit Wasser- und Dampfkraft bezeichnet. Danach folgten (2) die Massenproduktion und (3) die Automatisierung der Produktion.
Das Charakteristische der vierten industriellen Revolution ist die Vernetzung der Maschinen und Produktionsprozesse. Laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie beinhaltet der Begriff Aufgabenbereiche, die vernetzte und automatisierte Herstellungsprozesse beinhalten - wie zum Beispiel vernetzte und flexible Produktion, Einsatz von Daten, Individualisierung der Produkte sowie einen sparsamen Umgang mit Ressourcen.
"Die reale und virtuelle Welt wachsen dabei durch die Vernetzung und Selbststeuerung von Maschinen immer weiter zusammen. In der Produktion führt dies zur Industrie 4.0 – der vierten industriellen Revolution.", so der Bundesverband der Industrie.
Vom Prinzip aber handelt es sich bei Industrie 4.0 um einen Marketingbegriff, der die Rolle der neuesten Entwicklungen der Digitalisierung unterstreichen soll.
Industrie 4.0 in der betrieblichen Praxis
Die Implementierung der Industrie 4.0 Betrieb besteht aus folgenden Bereichen:
Sensorik (Computer, Microchips)
Die Fortschritte in der Microchipentwicklung bewirkten, dass die Chips immer kleiner und kostengünstiger wurden. Somit wurde deren Einbau leichter und in der Folge konnte mehr und verschiedene Sensoren produziert werden. Dies machte diese Produkte zudem auch für kleinere Firmen erschwinglich.
Internet der Dinge (IoT – Internet of Things)
Die Fortschritte im Bereich Sensorik brachten weitere Innovationen mit sich, die unter dem Begriff Internet der Dinge zusammengefasst werden. Die mit entsprechender Sensorik ausgestatteten Maschinen werden nun miteinander vernetzt. Diese Vernetzung ermöglicht die Erhebung von Daten, Überwachung der Produktionsprozesse innerhalb des Unternehmens und das Kommunizieren der Maschinen miteinander.
Auf der Basis der ausgelesenen Daten können zudem weitere Anwendungen und Geschäftsmodelle entwickelt werden.
Cyber-Physische Systeme (CPS)
Die dritte Stufe der Vernetzung wird mit den sogenannten cyber-physischen Systemen erreicht. Hier kommunizieren nicht nur einzelne Maschinen, sondern die gesamten über die Sensorik verbundene Systeme miteinander. Auf dieser Basis wird langfristig der Aufbau von völlig autonomen Produktionsanlagen möglich.
Vorteile von Industrie 4.0
In der betrieblichen Praxis verläuft die Implementation von Industrie 4.0 Lösungen meist unvollständig, denn sie ist mit gewissen Risiken verbunden. Unternehmen müssen hier oft stark in Vorleistung gehen und zum Teil erhebliche Investitionen tätigen.
Die Geräte müssen zunächst gekauft werden und Personalentscheidungen getroffen werden.
Dabei liefert die Umsetzung der Industrie 4.0 maßgebliche Vorteile:
Vernetzung der Wertschöpfungsketten
Eines der Hauptmerkmale der digitalen Revolution ist die Vernetzung und Datenaustausch zwischen verschiedenen Wertschöpfungsketten im Unternehmen. Aufgrund dieser Vernetzung können alle Prozesse im Unternehmen optimiert und effizienter gestaltet werden.
Gestiegene Produktivität und Produktionseffizienz
Die Optimierung der Produktionsprozesse verbessert auch die Produktivität und Effizienz. Aufgrund der installierten Sensorik können u.a. die Outputs im Betrieb in Echtzeit beobachtet werden und erlauben eine schnelle Reaktion auf Probleme.
Der Verbrauch der Rohstoffe kann gezielter berechnet und geplant werden. Somit werden die Logistikprozesse effizienter organisiert.
Insgesamt kann eine Effizienzsteigerung erreicht werden, die langfristig auch mit Kostenreduktion verbunden ist.
Individualisierung
Die Implementierung von IoT-Prozessen im Unternehmen geht einher mit der Möglichkeit die Produkte schneller und flexibler an die Kundenwünsche anzupassen. Die Produktion kann schneller an spezielle Designs und individuelle Anforderungen angepasst werden.
Ein gutes Beispiel für die Individualisierung ist der 3D-Druck. Mit dem Einsatz von 3D-Druck können Unternehmen vollständig an die Kunden angepasste Designs erstellen. Technisch sind hier kaum Grenzen gesetzt, selbst Hausbau im 3D-Druck wird bereits erfolgreich umgesetzt.
Flexibilisierung
Mit der Individualisierung der Produktion geht auch ihre Flexibilisierung einher. Die Produktionsprozesse können schneller an die sich veränderte Bedingungen angepasst werden. Predictive Maintenance (vorausschauende Instandhaltung) erlaubt es den Betrieben zu reagieren und wenig zeitaufwändige Instandhaltungsmaßnahmen auch außerhalb des Regelturnus zu ergreifen, bevor eine Maschine schadhaft wird und für einen Reparatureisatz länger ausfällt, und so die Produktionssicherheit deutlich erhöhen.
Die Entwicklungszeiten in der Produktion werden deutlich verkürzt, so dass es möglich ist auf Veränderungen in der Produktion, Unterbrechungen der Lieferketten oder Liefermengen schnell zu reagieren.
New Work
Industrie 4.0 modernisiert zugleich auch die Arbeitsorganisation. Neue Formen der Arbeit und Flexibilität sind hier möglich. Der Einsatz von intelligenten Assistenzsystemen erleichtert die Arbeit. Zugleich können die Mitarbeiter durch eine breite Palette an Schulungen unterstützt werden.
Kostenreduktion
Langfristig führt auch die Einführung von Industrie 4.0 und den damit verbundenen Prozessen zur Kostenreduktion. Aufgrund der Effizienzsteigerung können die Produktionsprozesse optimal gestaltet werden und der Rohstoffverbrauch reduziert werden.
Wettbewerbsvorteil
Weiterer wichtiger Effekt der Einführung von Industrie 4.0 ist der Wettbewerbsvorteil. Aufgrund der technischen Innovation und der Software-Entwicklung bieten sich auch neue Geschäftsmodelle an. Betriebe, die zuvor ausschließlich physische Produkte verkauft haben, können beispielsweise auch Software Dienstleistungen verkaufen (Stichwort „Software as a Service“). Auch andere Erweiterungen wie die Vermietung oder der Verleih von Maschinen und industriellen Anlagen können eingeführt werden.
Herausforderungen bei der Umsetzung
Kosten
Die Umsetzung der Industrie 4.0 ist allerdings mit relevanten Vorleistungen verbunden. Betriebe müssen in die maschinelle Ausstattung, Personalschulungen und Software investieren. Aus diesem Grund scheuen viele insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen hier größere Investitionen insbesondere in Zeiten, wenn die Auftragslage noch gut ist.
Sicherheit
Der Einsatz von vernetzten Maschinen, die miteinander kommunizieren sowie das Auslesen von großen Datenmengen bieten auch Angriffsflächen für kriminelle Akteure. Aus diesem Grund sind hier zusätzliche Investitionen in die Cybersicherheit notwendig.
Datenschutz
Die steigenden Datenmengen können Unternehmen dazu verleiten, sehr viele Daten zu erheben und zu speichern. Ein vernünftiges Datenmanagement und Datenschutz gehören auf jeden Fall auf die unternehmerische Agenda.
Zusammenfassung
Die Einführung der Industrie 4.0 ist mit gewissen Risiken und Kosten verbunden. Es ist aber auch fraglich, ob die Unternehmen, die sich in diese Richtung nur zögerlich entwickeln, weiterhin die gleichen Potentiale in der Zukunft haben werden.
Der Aufbau und Ausbau der Industrie 4.0 Technologien braucht Zeit. Es lohnt sich ein gewisses Niveau und Kapazität in diesem Bereich aufzubauen, um später eventuell noch die Möglichkeit haben diese Entwicklungen aufzuholen.
Lesetipp:
Armin Roth, "Einführung und Umsetzung von Industrie 4.0: Grundlagen, Vorgehensmodell und Use Cases aus der Praxis."
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