Wie gut eignen sich digitale Technologien in der Eindämmung der Pandemie ? Wir haben einen kritischen Blick auf den Einsatz von Ortungstechnologien in verschiedenen Ländern geworfen.
Für viele Menschen ist die Zeit des Coronavirus hart – #stayathome ist die Devise. Man soll am besten zu Hause bleiben und sich nicht mit anderen treffen, also soziale Distanz halten. Einige Länder, wie z. B. Spanien, haben schon vor mehreren Wochen den Bürgern sogar Hausarrest verschrieben.
Ein Land, das sich besonders Technik zunutze gemacht hat, um erfolgreich die Krise zu überwinden, ist Korea. Dort wurde per Geolokalisation mithilfe der Smartphones festgestellt, wer an welchem Platz, wann gewesen ist. Ziel einer solchen Ortung ist, herauszufinden, wie sich der Virus ausbreitet und ihn möglichst einzudämmen. Der Aufenthaltsort der Bürger wird festgestellt, jeder Infizierte kann nachvollziehen, wer wann mit ihm in Kontakt war, obwohl er diesen eventuell gar nicht kennt, sei es durch eine Fahrt im gleichen Bus oder bei einem Einkauf. Dies funktioniert durch die Zuordnung einer IP-Adresse, sobald der User ins Internet geht, aber auch, wenn der Nutzer die GPS-Ortung in seinem Handy aktiviert hat.
Ortungsdaten als Überwachungsintrument?
Theoretisch, so sagen die Telefongesellschaften, werden die Daten anonym gespeichert. Hilfreich? Unbedingt, wenn man damit die Pandemie aufhalten kann und die Personen informieren kann, wo zu welchem Zeitpunkt ein Ansteckungsherd gewesen ist. Jeder kann dann persönlich die Verantwortung übernehmen und sich in eine selbstauferlegte Quarantäne begeben. In Ländern mit Hausarrest können Gesetzesübertreter überführt werden, wenn sie nicht permanent in ihrem Domizil bleiben und damit andere in Gefahr bringen. Sehr sinnvoll und auch gut für die Bevölkerung, die nun selbst dazu beiträgt, die Kontrolle über den kleinen, aber tödlichen Gegner zu bekommen. Gut auch zu wissen, dass man sich eben möglicherweise nicht in Risikozonen aufgehalten hat. Alles, was dazu beiträgt, die physische Gesundheit zu sichern, aber auch psychologisch etwas zum Wohlsein beizutragen, sollte angewendet werden. Korea hatte in 15 Tagen den „biologischen Krieg“ per Technologie quasi gewonnen.
Und wenn die Pandemie vorbei ist? Weiterhin sind wir dann begeistert, wenn uns Google Maps sicher zum Ziel bringt, wenn uns per Smartphone gesagt wird, wo sich das nächstgelegene Kino befindet oder wo wir unsere Freunde treffen können. Also rundherum eine großartige Idee! Oder? Sind wir uns wirklich bewusst darüber und begeistert, dass im Bedarfsfall die jeweilige Regierung, bzw. jeder, der sich durch Geld oder Machtposition Zugang zu solchen Daten verschafft, genau über jeden Menschen, seinen Standort und seine Bewegungen Bescheid weiß? Nicht jeder wird dann noch dieser Überwachung á la „Big Brother“ zustimmen wollen. Wo ist also der Übergang vom Nützlichen und Schützenden zum totalen Überwachungsstaat?
China als Vorreiter der Geolokalisierung
In China – wo sonst – ist eine solche Überwachung per Geolokalisierung schon längst gang und gäbe. Eine Person, die das U-Bahnticket verloren hat, hat kein Problem, falls sie überprüft wird. Es dauert für den Kontrolleur keine Minute, herauszufinden, in welcher Station dieser Mensch im Menschenpulk in einen Waggon gestiegen ist. Das Smartphone gibt Auskunft! In China ist uns das ja klar. Aber wie ist es mit dem freiheitsliebenden und individualistischen Westen?
Wir brauchen gar nicht so weit weg zu suchen. Fast jeder kann heutzutage ohne Probleme geortet werden, ob er will oder nicht. Die Geolokalisierung sorgt dafür. Wir selbst schalten unsere GPS ein, benutzen WLAN und Bluetooth, mithilfe derer nachvollziehbar ist, wo sich der Nutzer befindet. Immer mehr Kunden bezahlen bereits mit dem Handy in Supermärkten. Die dabei verwendete Technologie der NFC (Near-field Communication) liest Daten kontaktlos ab. Eine RFID (Radiofrequency Identification) kann Warenströme verfolgen, indem durch kleine Chips, die nicht unbedingt für den Nutzer erkennbar sein müssen, Information an einen sich in der Nähe befindlichen Lektor übertragen werden.
Datensicherheit vor Innovation
Die Nutzung liegen auf der Hand, aber dennoch sollte die ganzheitlich und kritisch betrachtet werden, welche Konsequenzen mit der Preisgabe von persönlichen Daten verbunden ist. Nehmen wir als Beispiel die Ausstattung von Führerscheinen mit RFID-Chips, in Washington DC und New York der Fall. Der Führerschein wird immer vom Besitzer mitgeführt, gibt also auch ständig Auskunft über den Aufenthalt des Besitzers. Ganz leicht könnte dadurch geortet werden, ob eine Person an einer politischen Demonstration teilgenommen hat und mit welchen Menschen sie Kontakt hatte.
Die Themen Datensicherheit, Datenschutz und Datenhoheit werden zu recht intensiv diskutiert, können aber auch zu Verzögerungen in der Entwicklung von Innovationen führen. Eigentlich sollte eine deutsche Corona-App schon Mitte April auf den Markt kommen, doch Uneinigkeiten um die Art der Datenspeicherung verhinderten das. Natürlich sollte immer abgewogen werden, welche Konsequenzen die Preisgabe von Daten haben kann. Es lohnt sich aber ein ganzheitlicher Blick auf den persönlichen digitalen Alltag. Dazu braucht es ein Verständnis für die digitale Welt.
In diesem Sinne: Develop your digital Skills! ;-)